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Handwerk

„Ich bin froh, wenn ich die Türen Ende April zuschließen werde…“

Sagte in der letzten Woche ein Handwerksunternehmer zu mir und ging dann ans klingelnde Telefon.

Wir hatten einen Beratungstermin angesetzt, in dem es um das Auslaufen verschiedener Marketingaktionen ging und ein Coaching seines Sohnes, der sich mit einem IT Unternehmen vor vier Monaten selbständig gemacht hatte.

Mir lief es kalt den Rücken runter. Als ich so da saß am Konferenztisch aus Massivholz und ich mir die Frage stellte: Wie viele Handwerksunternehmer denken und handeln genauso, nur keiner bekommt es mit?

Wie viel soziale und regionale Stärkung, wie viel Know how und wie viel Innovationskraft geht auf diese Weise verloren?

Gibt es einen Grund für Digitalisierung? Im Handwerk schon, ...

Gibt es einen Grund für Digitalisierung?
Im Handwerk schon, denn nicht nur da ist es ein USP in der Nachwuchsgewinnung!

An vielen Stellen in der Unternehmenswelt ist die Suche nach Gründen für die Digitalisierung immer noch Alltag. Wieso soll man das tun? Aus welchem Grund sollte man die Komfortzone verlassen? Ohne Digital geht doch auch!

Das mag alles unter trügerischen Aspekten stimmen, doch schauen wir einmal todesmutig in die aktuellen, erfolgreichen Handwerksunternehmen rein, die keine Nachwuchssorgen haben. Es wird schnell klar, dass die Digitalisierung ein Magnet für junge Menschen ist. Doch woran liegt das?

  1. Digitale Arbeitsumgebung = Selbstverständlich!
    Die Gen Z ist mit dem SMARTPhone groß geworden. Sie kennt die digitale Welt wie ihre Westentasche. Sie erkennt sie als Teil ihres Lebens an und damit alle Prozesse die am SMARTPhone oder PC/Tablet vorgenommen werden.
    Handwerksunternehmen, die ihre Prozesse digitalisiert haben, mit dem Tablet auf die Baustelle gehen oder 3D-CAD Programme anwenden, werden von jungen Menschen daher als „normal“ wahrgenommen. Hat ein Handwerksunternehmen jedoch nur einen geringen Teil an digitalem Workflow und Umgebung, wird der Jugendliche sich wie in der Steinzeit fühlen.

Ergo: Junge Menschen stehen auf digital in alltäglichen Abläufen

  1. Digitale Kommunikation = Gibt es auch was anderes?
    Es gibt immer noch Handwerksunternehmen, die entweder eine schlechte oder gar keine Webseite haben, und die nicht in den Social Media kommunizieren.
    So findet man beim Nachwuchs nicht mehr statt, der bereits auf der Morgentoilette die aktuelle News checkt, schaut, was die Freunde und Community so machen und sich gerne der digitalen Kommunikationswelt hingibt. Das Käseblättchen liest vielleicht noch die Oma oder der Papa, doch nicht mehr der Jugendliche. Zudem haben Bilder und Clips ein wesentlich höheres Aufmerksamkeitspotenzial bei jungen Menschen im Vergleich zu Texten. Junge Menschen sind remote gewohnt und wenden es an, wo es nur geht. Wie sollte also ein Jugendlicher über reine Werbetexte auf ein Handwerksunternehmen aufmerksam werden?
    Zudem ist die Jugend darauf fokussiert, mit wenigen Klicks ans Ziel zu kommen. Letztendlich auch eine Folge vom 09.01.2007 und der Präsentation des IPhones. Es ist daher schwer, mit wenigen Klicks aus einer Anzeige einen Bewerbungsprozess zu starten oder in die Welt des Handwerkers einzutauchen. Und das ist relevant.

Ergo: Digitale Kommunikation zur Teilhabe am Leben des Gegenübers

  1. Digitale Chancen für die Zukunft nutzen – upps, sie gibt sie auch im Handwerk!
    Die Digitalisierung bringt insbesondere im Handwerk einen nie geahnten Strauß an Vorteilen mit sich: Innovationen und kreative Ideen haben eine neue Chance der Umsetzung.
    Junge Menschen wollen die Zukunft gestalten, sie wollen verändern und eine neue Balance zwischen Arbeit und Leben schaffen. Zeitersparnisse durch die Digitalisierung bieten daher ein Zukunftspotenzial, dass noch in weiten Teil unterschätzt wird, doch vom Nachwuchs als selbstverständlich angesehen ist.
    Dies ist ein Stück weit davon geprägt, dass bspw. im TV-Format „Höhle der Löwen“ nicht selten digitale Startups den Zuschlag erhalten. Überall wird von der digitalen Revolte gesprochen und letztendlich sind gerade die Jungen davon überzeugt. Junge Menschen wollen nicht altbacken den Status Quo erleben, sondern Teil der Zukunft sein.

    Von daher haben sich alle erfolgreichen Handwerksunternehmen mit der Frage befasst, wie können neue Methoden und Techniken mit digitalem Ursprung mein Geschäftsfeld positiv verändern. Und wenn sich das einmal rumgesprochen hat, hat dies Zugkraft, die weit über das normale Maß hinaus geht.

Ergo: Digitale Chancen der Zukunft wollen ge- und erlebt werden

Es gibt sie bereits, genau die Handwerksunternehmen, die einen oder mehrere Aspekte dieser Einblicke leben. Es sind die Handwerksunternehmen, die sich kontinuierlich weiterbilden. Es sind die Handwerksunternehmen, die den Menschen als ihr höchstes Gut ansehen und mit ihm die Zukunft gestalten. Es sind aber auch die Unternehmen, die kalkulieren und rechnen und die mit der Digitalisierung mehr Möglichkeiten haben, rentabel zu agieren. Denn letztendlich ist der Handwerkerlohn heute schon an vielen Stellen kein Hungerlohn mehr.

Leider gibt es noch immer so viele Mythen über das Handwerk, die bei genauer Betrachtung nicht mehr Stand halten. Und der Nachwuchs hat dies leider bislang nur zum Teil erkannt, letztendlich auch, weil die Eltern ihr übriges dazubeitragen.

Ergo: Zukunftsmacher Handwerk. Erst recht für den Nachwuchs.

Einfach mal sacken lassen…

HANDWERK neu denken – Hin zu mehr Attraktivität und Bedeutung!

Ein Kommentar von Nicole M. Pfeffer zu den Aussagen des Chefs der Dresdener Handwerkskammer Herrn Jörg Dittrich in einem Interview.

Ich teile nicht alle Aspekte, die er an dieser Stelle anbringt und ich möchte auch erklären warum. Es geht um das Thema Bewerber und Fachkräftemangel im Handwerk und Forderungen an die Politik, um die Situation zu verbessern.

Seine Aussage, durch die Politik die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung rechtlich zu verankern, dürfte sich als Problem darstellen. Wie soll dies geschehen?

Ist es nicht vielmehr daran, die Qualität und die Vorteile des Handwerks und der Ausbildung aufzuzeigen und einen qualitativen Weg einzuschlagen?
Würde man bei einer rechtlichen Verankerung nicht Äpfel mit Birnen vergleichen?

Als Gegenvorschlag halte ich eine weiterentwickelte Clusterung des Handwerks und der Ausbildungsberufe für sinnvoll. Die Zukunft wird seit heute u.a. durch die Bereiche Energie – Gesundheit – Mobilität – Generationen – Ernährung – Digitalisierung geprägt sein.
Eine neue Clusterung könnte die dezentrale Ausrichtung der Berufsschulen sichern und sie in einen Innovations-Schub versetzen, der das Erlernen zu etwas Wertigem wachsen lässt.
Ausbildung wird nicht dadurch attraktiver, dass man die Zugangskontrollen für die Gymnasien anhebt. Es bedarf der Prüfung, wie Haupt- und Mittelschulen aufgewertet werden können. Ausbildung wird dadurch attraktiv, dass die rasanten Entwicklungen in den Ausbildungsberufen sichtbar gemacht werden und deren Sinn für unsere Zukunft.

Eine Meinung, die ich uneingeschränkt teile ist die, dass junge Menschen für die Ausbildung begeistert und motiviert werden sollten. Doch genau dies schafft man am besten mit Erlebnissen.
Es sollten nicht die Richtlinien verschärft werden, sondern das Werben um die jungen Menschen sollte auf ein attraktives Niveau angehoben werden. Zwänge und Verbote lösen das Gegenteil aus. Das Handwerk hat aus meiner Sicht auch die Aufgabe und Verantwortung, sich der Digitalisierung zu öffnen und innovativ in die Zukunft zu gehen. Es besteht gerade in diesem Bereich ein großes Potenzial, aktiv zu werden.

Und eine Grundeinstellung in unserer Gesellschaft sollte breiten Konsens finden:
Junge Menschen sollten in jungen Jahren auf eine Neugier- und Entdeckerreise geschickt werden, um sich für den Bereich zu entscheiden, der ihren Stärken und ihrem Potenzial am meisten liegt und in dem sie einen Sinn für ihr Leben erkennen.
Nehmen wir uns ein Beispiel an Neuseeland, die Talentscout in jeder Schule haben und die die Kinder und Jugendlichen auf ihrem gesamten Schulweg in ihrer Zukunftsausrichtung begleiten – nicht punktuell in der Abgangsklasse, sondern auf einem erlernenden Weg.

Schaffen wir es, von den Monokultur-Diskussionen in einen breiten Austausch an Berufswegen zu kommen, werden wir auch besser mit dem Fachkräftemangel zurecht kommen.

Originalartikel vom 23.05.2022 in @Bild

Handwerkskammer Dresden Bild

Von wegen altbacken, dreckig und verstaubt!

Handwerk neu erlebt – gerade für den Nachwuchs!

Während eines Telefonats mit einem Elternteil für eine mögliche Teilnahme am Unternehmerischen SommerCamp höre ich plötzlich den Vater sagen, dass der Tag in der Bäckerei ein verschenkter halber Tag wäre. Ob man dafür nicht eher an eine Hochschule fahren könnte. Viel besser wäre jedoch ein Besuch in einem Startup, dass sich mit digitalen Themen auseinandersetzt.

Zunächst bin ich sprachlos und kann diese Unwissenheit nicht nachvollziehen. Wie kommt ein Erwachsener dazu zu sagen, ein Tag in einer Bäckerei wäre verschenkt? Oder prinzipiell ein Tag im Handwerk wäre verlorene Zeit?

Wer diese Denkweise für sich beansprucht, ist auf einem alten und sehr kantigen Holzweg unterwegs.

Das Handwerk erlebt einen kaum kommunizierten Digital- und Innovationsschub, der zunehmend eine größer werdende Anhängerschaft unter den Handwerksunternehmen innehat, dass manch ein Tech Startup neidisch sein würde, wüsste es um diese Entwicklung.

Digital statt analog

Kaum ein Handwerksbetrieb, der heute keine IT einsetzt. Der seine Planungen und Skizzen, seine Pläne und Vorgaben noch händisch auf Papier vornimmt. Vielmehr sind heute 3D CAD-Programme oder Projekt- und Prozess-Software Standard. Die Fräsmaschine wird heute über den PC gesteuert. Die Genauigkeit in den Arbeiten kommt vom Laser und die verarbeitenden Materialien bieten Gewerke übergreifend völlig neue Methoden.

Der Handwerker kann heute teilweise schon im Home-Office seine Vor- und Nacharbeiten vornehmen und spart sich so die eine oder andere Stunde im Auto bzw. gewinnt an

ungeahnter Lebensqualität.

Auf dem Weg zu einer 30 Stunden Woche?

Das Handwerk hat durch den zunehmend hohen Grad an digitaler Präzession gelernt, Menschenzeit einzusparen und damit von der 60 auf die 40-Stunden-Woche zu kommen.

Dies nicht unbedingt freiwillig doch im Austausch der Generationen und ein Ende ist noch nicht in Sicht.

Denn sprechen wir es doch offen an, wenn die Digitalisierung dabei hilft, bei weniger Menschenarbeitszeit auf ein gleich gutes Ergebnis in der gleichen bzw. schnelleren Zeit zu kommen, ist das ein Segen und kein Fluch!

Handwerk täglich neu denken

Es schafft zudem Freiräume für Innovationen, für Strategien und Geschäftsfeldentwicklungen, die der Kreativität zugrunde liegen. Neue Kombinationen und Methoden sorgen für einen individuellen und qualitativen Output, der begeistert.

Dabei spielt es eine große Rolle, über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen. Durch die moderne Technik und Digitalisierung entstehen neue Formen des Mehrwerts in den einzelnen Gewerken, die vorher so nie denkbar gewesen wären.

Holz, Stein und Stahl in der gemeinsamen Verarbeitung ist heute sowohl von den Maschinen als auch von den Möglichkeiten nicht mehr getrennt. Ein Bäcker kann heute später in die Backstube kommen, weil hoch moderne Technik programmierte Arbeiten, die die Zeit der Menschenarbeit in der Bäckerei verkürzen ohne dabei das Produkt in der Qualität zu schmälern. Die übergreifende Zusammenarbeit verschiedener Gewerke setzt die Fehlerquelle nach unten und reduziert die eigentliche Projektzeit. Dies alles ist innovativen Lösungen und digitalen Prozessen im Handwerk geschuldet.

Wären da nicht die Fake-News der Eltern

Und was denken die Eltern über das Handwerk? Sie tun alles, um ihre Kinder vom Handwerk fern zu halten. Sie predigen gebetsmühlenartig den Gang ins Studium und vergessen dabei ganz, einmal genau hinzuschauen, wo eigentlich die Stärken des Nachwuchses liegen. Stattdessen verbreiten sie die Fake-News, das Handwerk wäre altbacken, dreckig und verstaubt.

Liebe Eltern, ihr verkennt, welchen großen Fehler ihr mit eurem Nichtwissen über das Handwerk begeht. Es beraubt eurer Kinder der Chance, für sich einen sinnstiftenden und nachhaltigen Zukunftsweg zu entdecken, der mehr Kreativität und Innovation, mehr Entfaltung und Werte bereithält, als manch ein Studiengang mit unerfüllten Berufswünschen. Es ist Zeit, euch die Augen zu öffnen und wachzurütteln. Es ist Zeit, euch in die Handwerksunternehmen zu entführen und euch die Wirklichkeit zu zeigen.

Denn diese ist innovativer, zukunftsgewandter und nachhaltiger als viele andere Jobs, die ihr aktuell als besser einzustufen wagt.

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Bildquelle: Dimitrii Bardadim auf pixabay